Sanktionen gegen Israel oder Komplizenschaft – Europa am Scheideweg

Der völkerrechtswidrige Angriff Israels in Doha war mehr als ein Anschlag auf Hamas-Funktionäre. Er war ein Signal. Israel zeigte, dass es Grenzen überschreitet, wenn es militärisch nützt – selbst die Souveränität Katars. Nun steht Gaza vor einer Invasion. Die Opfer wären vor allem Zivilisten, die seit Jahren in einem belagerten Gebiet leben.

Die Reaktion des Westens? Appelle zur „Zurückhaltung“. Gleichzeitig laufen weiter Waffenlieferungen, Finanzströme, Forschungskooperationen. Das ist keine Panne, sondern Kalkül: Ausdruck geopolitischer Verflechtung, Ausdruck ökonomischer Interessen. Wer den Krieg wirklich stoppen will, muss Kosten erzeugen. Alles andere ist Rhetorik.

Waffenembargo

Viele Länder gehen bereits voran. Spanien hat alle Rüstungsexporte gestoppt, die Niederlande verweigern den Export von F-35-Komponenten. Auch Irland hat sich klar für ein Waffenembargo ausgesprochen. Es sind erste Brüche im europäischen Gefüge. Ein gesamteuropäisches Embargo würde Israels Militär unmittelbar schwächen: keine Gewehre, keine Ersatzteile, keine Drohnen-Software.

Finanzblockaden

Russland wurde nach dem Angriff auf die Ukraine aus SWIFT ausgeschlossen, Banken und Vermögen eingefroren. Israel hingegen bleibt verschont. Dabei wäre der Hebel klar: keine IBAN-Transaktionen für Militärbanken, eingefrorene Konten von Rüstungsfirmen, Visa-Bans für Generäle. Finanzsanktionen sind keine Symbolik, sie schneiden ganze Kanäle ab. Dass einzelne Staaten wie Belgien oder Luxemburg bereits über restriktive Maßnahmen gegen Siedlergruppen sprechen, zeigt: Auch hier gibt es Bewegung.

Handel

Die Siedlungsökonomie ist Herzstück der fortgesetzten Landnahme. Noch immer gelangen Produkte aus illegalen Siedlungen in europäische Supermärkte – gekennzeichnet oder nicht. Ein generelles Importverbot wäre sofort möglich. Spanien und Irland haben bereits Gesetzesinitiativen angekündigt. Und: Das EU-Israel-Assoziationsabkommen enthält eine Menschenrechtsklausel. Ihre Suspendierung wäre ein Schritt von Worten zu Taten.

Forschung und Technologie

Israels High-Tech-Sektor lebt von EU-Mitteln und Kooperationen. Horizon-Gelder, dual-use-Exporte, akademische Partnerschaften – all das fließt weiter. Wer die industrielle Basis des Krieges treffen will, muss hier ansetzen. Auch hier könnte die EU sofort handeln – ohne UN, ohne USA.

Die Dialektik der Doppelmoral

Russland isoliert, Israel privilegiert – so zerstört der Westen seine Glaubwürdigkeit. Diese Doppelmoral ist nicht bloß Schwäche, sie ist Ideologie: Menschenrechte gelten nur, wo es passt. Sanktionen gegen Israel wären deshalb auch ein Test, ob internationale Normen universell sind oder bloße Propaganda.

Südafrika als Erinnerung

Die Apartheid fiel nicht durch Appelle, sondern durch Boykotte. Handel, Kultur, Sport – überall Druck. Gaza ist nicht Pretoria, und Israel ist nicht Südafrika. Aber die Logik ist vergleichbar: Koloniale Systeme halten sich, solange sie keine Kosten spüren. Sanktionen machen koloniale Gewalt teuer.

Die Wahl

Europa hat die Hebel in der Hand: Waffenembargo, Finanzblockaden, Handelsstopp, Forschungsstopp. Einige Länder machen es bereits vor. Es braucht keine UN, kein grünes Licht aus Washington. Es braucht nur politischen Willen.

Die Frage ist schlicht: Will Europa handeln – oder Komplize bleiben? Sanktionen sind die Sprache der Macht. Und Macht versteht keine Appelle.

(c) Kritik & Praxis – Verstehen. Hinterfragen. Verändern.

JETZT KOSTENLOS ABONNIEREN
kritikundpraxis.substack.com